Interview mit Dirk Vinkemöller - 1. Vorsitzender des Podencorosa e.V.
Wie seid ihr auf den Namen Podencorosa gekommen?
D.V.: Einerseits ist der Name angelehnt an die Ponderosa, einige werden die Ranch noch aus der Fernsehserie Bonanza kennen. Das Wort “Podenco” in dem Namen kommt natürlich daher, dass unsere Arbeit im Tierschutz mit den Podencos begonnen hat und die Farbe “rosa” werden sich die Podencoliebhaber schon denken können: Es liegt an den Nasen! Man erkennt Podencos unter anderem an ihren rosa Nasen und vielleicht auch an ihren weißen Schwanzspitzen. Der Name setzt sich also zusammen aus der Rasse und der Farbe der Näschen.
Erzähl uns bitte von deiner ersten Begegnung mit einem Podenco!
D.V.: Damals war ich Flugbegleiter von Beruf und kontrollierte an dem Tag die Anwesenheit eines Hundes, der mit fliegen sollte. Ich schaute in die Transportbox, erkannte aber nicht annähernd einen Hund! Eine imposante Erscheinung, weiß und beige, mit riesigen Pommestüten (Ohren) auf dem Kopf, die Vorderläufe übereinandergeschlagen und sein Blick erhaben und interessiert auf meine Person gerichtet. Aufregung und Neugierde machten sich in mir breit. Ich fragte den Passagier, was das denn für ein Tier sei, welches er mit sich führe. Er sagte mit einer Selbstverständnis: “Das ist ein Podenco, mein Podenco. Ich habe ihn vor dem Tod bewahrt und durfte ihn heute endlich abholen”. Meine Gedanken kreisten von da an nur noch um dieses einzigartige Lebewesen. Das war der Augenblick, in dem für mich die lange Reise in die Welt des Tierschutzes begann.
Wie können wir uns dein Leben vor der Podencorosa vorstellen?
D.V.: Ich bin von Beruf eigentlich gelernter Erzieher. Ich habe viele Jahre in der Heimerziehung und Jugendhilfe gearbeitet. Unter anderem habe ich auch Kinder aus der Jugendhilfe in Pflegefamilien vermittelt. Einige Jahre habe ich als Flugbegleiter gearbeitet und hatte auch dabei oft eine tolle Zeit. Doch dann kamen die Podencos in mein Leben und somit änderte sich alles!
Hat sich in den Jahren etwas im Auslandstierschutz geändert?
D.V.: Damals – 2008, 2009, 2010 – war der Auslandstierschutz sehr unbeliebt und jeder Auslandstierschützer wurden in Deutschland massiv angefeindet. Heute hat sich das Blatt gewendet, da sehr viele Menschen ihren familientauglichen Hunde aus dem Auslandstierschutz adoptiert haben. Das war damals allerdings nicht die Regel! Wir waren zu der Zeit noch ziemlich allein auf weiter Feld und Flur, haben uns da aber irgendwie durchgeboxt. Dennoch lastete es schwer auf uns, es war eine enorme Belastung uns immer wieder zu erklären und sich gegenüber Freunden, Familie, Nachbarn oder auch auf Informationsveranstaltungen zu rechtfertigen. Vor allem dort wurden wir oft mit massiver Kritik angefeindet.
Was ist dein Ziel?
D.V.: Wir haben bis heute immer den einzelnen Hund im Blick. Wir retten die Welt für einen Hund und das ist bis heute einer unserer Leitsprüche. Dieser eine Hund hätte keine Chance auf ein Leben oder auf eine Zukunft gehabt. Wir sind ein Tropfen auf dem heißen Stein, vor allen Dingen in Ländern wie Rumänien, Italien oder auch Spanien und Portugal. Vielleicht schaffen wir es auch, dass die Politik sich in der Hinsicht ändert, man muss sich aber auch da entscheiden: Kämpfe ich politisch für das Recht der Straßenhunde oder stell ich meine Arbeitskraft und Energie so lange für die einzelnen Hunde bereit, bis die Politik soweit ist?
Wie sieht ein Tag in deinem Leben aus?
D.V.: Mein Wecker klingelt morgens gegen 06:00 Uhr. Neben meinen eigenen Hunden leben bei mir im Haushalt die “Oldies” und einige Gnadenbrothunde. Diese sind zum Teil nicht mehr “ganz dicht”, weshalb vor dem ersten Kaffee gewischt und sauber gemacht werden muss. In der Zeit darf das gesamte Rudel einmal nach draußen und sobald ich fertig bin, kommen sie wieder rein, legen sich wieder hin und pennen. Ich setzte mich dann hin und trinke den ersten Kaffee und informiere mich durch die Nachrichten darüber, was in der Welt los ist. Gegen 07:00 Uhr nehme ich den “Tagesgast” in Empfang, den wir von montags bis freitags mit betreuen. Anschließend mache ich mich daran, mich fertig zu machen und den Frühstückstisch zu decken. Kurz darauf stehen schon die ersten Hofbetreuer vor der Tür. Diese bringen immer Brötchen mit und dann wird erstmal gemeinsam gefrühstückt. Das Frühstück dient zugleich als Teambesprechung, um alles Wichtige zu klären, was an dem jeweiligen Tag ansteht. Um 10:00 Uhr machen wir uns an die Arbeit und das Spektakel beginnt. 35 – 40 Hunden rennen dann frei auf dem Hof rum und wir starten mit den Putzarbeiten. Das ist nicht gerade wenig. Gemacht werden müssen der Tennen- und Quarantänebereich, meine Wohnung, der Anbau, in dem die sehr schwer vermittelbaren Langzeitgäste leben, und natürlich die Pferdeställe. Alle Tiere wollen gefüttert, umsorgt und die Unterkünfte von Unrat befreit werden. Gegen 12:30/13:00 Uhr verabschieden sich die Hofbetreuer, dann ist die “Helferzeit” vorbei und ich kann einmal durchatmen. Gerne lege ich mich hin und mache einen kurzen Mittagsschlaf. Nachmittags kümmere ich mich um das Organisatorische. Termine und Interessenten werden auf die Vermittler verteilt, individuelle Fälle bearbeitet, die Einreisen der Hunde aus den verschiedenen Ländern koordiniert, die Annahme von Rückläufer geplant uvm. Nebenbei gehe ich auch noch arbeiten. Ich habe großes Glück, denn ich kann Homeoffice machen und lege mir die Arbeit immer auf die Nachmittagsstunden. Um 17:30 Uhr geht es wieder los, dann steht die Fütterung an. Alle Hunde werden gefüttert und wieder rausgelassen.
Fühlt es sich für dich so an, als hättest du dein Privatleben für den Auslandtierschutz aufgeben müssen?
D.V.: Nein, das sehe ich nicht so. Mein Privatleben fügt sich in den Tierschutz ein. Ich habe das ganze miteinander verbunden, schließlich wohne ich hier und habe durchaus eine gewisse Anwesenheitspflicht. Es muss immer einer da sein, der alle Fäden in der Hand hält. Es ist wahrscheinlich auch dem Flugbegleiter in mir geschuldet, dass ich kein Interesse daran habe, die Welt zu sehen. Das habe ich schon gemacht und vielleicht fällt es mir deshalb nicht sonderlich schwer. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich was verpasse, aber ich sage auch, dass es irgendwann ein Ende haben muss. Ich werde nie vom Tierschutz wegkommen, so meine ich es nicht, aber irgendwann wird es mal wieder Zeit, die eigenen Interesse wieder zu verfolgen. Vielleicht habe ich dann auch mehr Zeit, Euch mit weiteren Büchern zu versorgen. Bis dahin wünsch ich Euch viel Spaß bei meinen beiden ersten Büchern!